Geschichte der Niederlande by North Michael

Geschichte der Niederlande by North Michael

Autor:North, Michael
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406653391
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2014-12-11T05:00:00+00:00


3. Arbeitslosigkeit und sozialer Wandel

Das Nullwachstum der niederländischen Wirtschaft im 18. Jahrhundert hatte Auswirkungen auf die Gesellschaft. Der Urbanisierungsprozeß, der die niederländische Geschichte seit den burgundischen Zeiten geprägt hatte, ging zu Ende. In vielen Gebieten wie in den Textil- und Gewerbestädten Leiden, Delft und Haarlem sowie in den ehemaligen Zentren der Fischerei und Reederei Enkhuizen, Hoorn, Middelburg und Zierikzee setzte außerdem ein Bevölkerungsrückgang ein.

Einen Teil der Bevölkerung sogen die großen städtischen Zentren Amsterdam, Rotterdam und Den Haag auf, die auch im 18. Jahrhundert auf Kosten der genannten Städte wuchsen bzw. ihre Einwohnerzahl (durch Zuzug) zumindest stabil halten konnten. Gesellschaftlich bedeutete der Niedergang der traditionellen Gewerbe- und Industriestädte einen Schlag für die städtischen Mittelschichten, insbesondere für die Handwerker. In Leiden verloren die wohlhabenden Färber, Bleicher und Weber ebenso wie die zahllosen Textilarbeiter und die von deren Nachfrage abhängigen Berufe wie Krämer, Bäcker, Fleischer, Gastwirte etc. an Einkommen. Die zunehmende Arbeitslosigkeit vertiefte die Kluft zwischen Arm und Reich. Während die Regenteneliten in den Städten als Rentiers sozusagen im Schlafe ständig wachsende Vermögen aus Kapitalerträgen akkumulierten, stellte 1772 die Zeitschrift De Opmerker fest: „Unsere Städte wimmeln von abgerissenen Leuten.“ Diese Armut war angesichts der stabilen Löhne eine Folge der Arbeitslosigkeit. Jedoch stellte die wachsende Arbeitslosigkeit nur eine der Erscheinungen auf dem Arbeitsmarkt dar. Zur selben Zeit ist eine intensivierte „Hollandgängerei“ zu bemerken, d.h. Saisonarbeiter, die aus dem Nordwesten Deutschlands zum Torfstechen oder zur Heuernte in die Niederlande gingen, aber auch im Textilgewerbe arbeiteten. So beklagten sich die Haarlemer Seidenarbeiter (1739) darüber, daß ihnen Ausländer aus Deutschland die Arbeitsplätze wegnähmen. Auch in Leiden versuchten die Unternehmer, dem Kostendruck zu begegnen, indem sie – unter Umgehung der Zunftreglements – auswärtige und ausländische Arbeitskräfte anstellten. Darüber hinaus verstärkten sich auch die Klagen über den Mangel an Arbeitskräften in bestimmten Branchen. Der niederländische Arbeitsmarkt im 18. Jahrhundert war also ähnlich wie heute durch hohe Arbeitslosigkeit, akuten Arbeitskräftemangel in wenigen Sektoren sowie durch Arbeitsimmigration aus dem Ausland geprägt.

Tabelle 4: Die Bevölkerung in zehn Hafen- und Industriestädten, 1688–1815



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